Frauen/Weisse und Didgeridoo

Mad Matt´s  sehr persönliche Meinung


Frauen/Weisse und Didgeridoo

" Eine Information, die ich auf meinen Reisen bekommen habe, ist, dass Aborigines, die die Verantwortung für das Didgeridoo haben, es absichtlich herausgegeben haben, um den Prozess der Reconciliation, der Versöhnung zwischen Schwarz und Weiss, zu beschleunigen. Die Weissen, die Didgeridoo spielen, werden fast zwangsläufig irgendwann neugierig auf die Kultur der Aborigines.

Außer in den Northern Territories und evtl. noch bis in die Gegend von Cairns soll das Didgeridoo nirgends in Australien gespielt worden sein. Erst in letzter Zeit erreichte es andere Gegenden auch in Australien,  unter anderem durch Yothu Yindi, die mittlerweile für viele Aboriginees Idolcharakter haben. Nun erlebt das Didgeridoo diesen Boom in der ganzen Welt. Ich kann natürlich verstehen, dass mancher nicht so weltoffene Aborigenee es als seltsam oder ungehörig empfinden wird, wenn nicht mal sie das Didgeridoo spielen können oder dürfen, es aber auf der ganzen Welt gespielt wird. Nach dem Motto: Warum darf der, wenn nicht mal ich das darf ?

Sehr häufig, eigentlich in jedem einzelnen Workshop, wird Matthias Eder von Frauen angesprochen, die gehört haben, dass Frauen in Australien bei den Aboriginees nicht Didgeridoo spielen dürfen, das sei ein Tabu und Tribal Lore (Law).

Das "wissen" schon Menschen, die weiter noch nichts mit dem Didgeridoo angefangen haben, in Anfängerworkshops. Ein sehr effektiv gestreutes Gerücht, dessen positive Wirkung es ist, dass es zum Nachdenken auffordert.

Es erinnert uns daran, dass wir bei allem, was wir tun, unser Glück riskieren. Und genauso bei allem, was wir nicht tun. Jeden Tag Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen.

Frage 1: Wer gibt mir diese Information und was hat er davon ?

Beispiel 1 : 

 Ich habe in Australien von verschiedenen Aboriginees in beiden Richtungen extreme Feedbacks bekommen: Von Aboriginees, die mich immer wieder aufgefordert haben, weiterzuspielen, weil sie es selbst nicht spielen können bis zu der Information, dass ich als Weisser nicht spielen dürfte. Das letztere zum Beispiel von einer Aborigineefrau in Sydney, die mich nach ihren eigenen Gesetzen, deren Bruch sie mir versuchte klarzumachen, gar nicht hätte ansprechen dürfen. Ich habe mich damals bei der Aborigineefrau bedankt für ihre ehrliche Meinungsäußerung und ihr zu verstehen gegeben, dass ich anderer Meinung bin und welche tiefe Bedeutung das Didgeridoo für mich hat. Das hat sie akzeptiert, und danach habe ich weiter für die Aboriginees gespielt, die mich hören wollten, solange, wie es für mich gestimmt hat.

Ich würde mir einfach immer genau anschauen, welcher "Fachmann" da seine Meinung sagt, und wie er sie sich angeeignet hat. Im geschilderten Fall mit der Aborigines Frau zum Beispiel lag das so: In Sydney hat keiner irgendwas über das Didgeridoo zu melden, da es aus Nordaustralien kommt und in Sydney nicht Teil der Traditionen ist - es wurde dort gewöhnlich gar nicht gespielt. So relativiert sich die Kompetenz der Aussage dieser Frau und reduziert sich auf ihr persönliches Empfinden, das ich schätze, aber nicht zu meinem Gesetz machen muss.

Beispiel 2:

Ich musste mir auf der deutschen Didgeridoo-Mailing-Liste, die sonst sehr empfehlenswert ist, auch anhören, dass Personen, die die australischen Ureinwohner sind, korrekterweise "Aboriginals" hiessen, und nicht "Aboriginees" , alles andere sei abschätzig, abwertend und politcally incorrect. Nach vielen Reisen nach Australien und vielen Treffen mit Aboriginees, die sich auch selbst als "Aboriginees" bezeichnet haben, hat sich das relativiert. Es gibt nach Aussage eines Aborigines das Adjektiv "aboriginal" für aboriginal art, a. law, a. people, und den Eigennamen Aborigine. Erstaunlicherweise waren die Leute, die für "Aboriginal" als Eigennamen plädiert hatten, noch nie in Australien. Wenn ich für Briten als Eigenname das Adjektiv nehmen würde, klänge das abschätzig, nämlich: "englische", besser ist doch Engländer, oder ?

Frage 2 : Welche Autorität gebe ich ihm ?

Zu Beispiel 1 :

Dieser Frau habe ich die volle Autorität gegeben über ihre eigenen Gefühle, und das respektiert. Keine Autorität jedoch über mein Verständnis des Didgeridoo und die Entscheidung, ob ich spiele oder nicht.

Zu Beispiel 2 :

Wenn ich weiss, das der Mensch noch nie dort war, und ich bisher 4 Mal, und dort mit vielen Aboriginees gesprochen habe, gebe ich ihm keine Autorität.


Es soll aber auch Stämme bei den Aboriginees geben, bei der NUR Frauen spielen dürfen, was wiederum ich nur gehört habe. Ich denke, jeder sollte seine eigene Meinung haben dürfen. Deine Gedanken formen Deine Welt.

Wo suche ich Autorität ?

Doch wohl am ehesten dort, wo das Didgeridoo herkommt. Mit meinen Gedanken und meiner Welt war ich sowohl in Darwin als auch in verschiedenen Communities, und habe verschiedene Aboriginal Elders angesprochen : "Ist das ok. wenn ich als Weisser, der keine Ahnung vom wirklichen Didgeridoo hat, es spiele und unterrichte ?" . Die Anwort war eindeutig:" Du bist nicht initiiert und kannst ausser absichtlich und böswillig nichts falsch machen".

Das heisst wohl: So lange ich die Kultur, aus der das Instrument kommt, respektiere, und auch das Instrument, gibt es weder richtig noch falsch, sondern einfach nur Fakt.


Hintergrund von Tabus in der jeweiligen Kultur suchen

In traditionell lebenden Stämmen ist jeder Platz im Stamm genau definiert, jede Aufgabe klar verteilt nach den besten Fähigkeiten, was ein reibungsloses und erfolgreiches Zusammen-Überleben gewährleisten soll.  Individualismus, Selbstverwirklichung und Hobbies haben dort nichts verloren, wo es ums nackte Überleben geht. So werden Aufgaben nach Bedarf und Notwendigkeit verteilt. Wenn Überleben ein full-time-job ist und sich Glück über die Gemeinschaft definiert, wird keiner auf die Idee kommen, zum Spass Didgeridoo zu spielen, zu Angeln oder spazieren zu gehen. Auf diesem Hintergrund fusst das Tabu: Jeder macht die ihm zugewiesene Aufgabe, die er am Besten kann, damit alle überleben.

Daher kommt das Tabu. Heute ist es jedoch in Australien meist anders. Viele Aboriginees spielen das Didgeridoo zum Vergnügen, und einige Aboriginees haben mir erzählt, auch Frauen dürften Didgeridoo spielen, "wenn´s keiner hört", ein Relikt aus der alten Zeit, kombiniert mit dem beginnenden Individualismus.

Fazit :

Häufig sind Themen, die nicht weit verbreitet sind und wo es noch viel zu erforschen gibt, Lieblingsbetätigungsfelder für Profil-Neurotiker, die durch ihr "Fachwissen" auf diesem besonderen Gebiet beeindrucken wollen, oder Übereifrige, die sich mit ihrem Halbwissen für ein Gebiet oder Thema ( Aboriginees, Tibet, Religion, etc. ) einsetzen wollen, damit aber mehr kaputt machen als helfen, wie der Fall mit "Frauen sollen kein Didgeridoo spielen" zeigt, da das Didgeridoo von den zuständigen Stämmen ja absichtlich und zielgerichtet an die Welt herausgegeben wurde, damit wir uns wirklich mit dem beschäftigen, was dahintersteckt, und nicht nur anscheinend, indem wir so tun, als wüssten wir schon alles.

Bis jetzt kenne ich keine Frau, die durch das Didgeridoospiel irgendwelche negative Auswirkungen auf Körper oder Geist erlebt hat, im Gegenteil. Ich kann aber nur das wirklich beurteilen, was ich selbst erlebt habe, und das ist durch meine Erfahrung als Krankengymnast und Didgeridoolehrer nicht wenig, siehe "Healing Didgeridoo".

Ich ermutige jeden ob Frau oder Mann, einfach diese faszinierende Instrument auszuprobieren und für sich selbst zu entscheiden, ob das was für sie/ihn ist. Meist sagt das eigene Gefühl eher die Wahrheit als andere Leute ;-)

Viel Spaß dabei.

Matthias Eder"


Mad Matt´s Webdesign ´01 ederkl.JPG (982 Byte)